Prudentius lebte 348-413 als Jurist und Schriftsteller in Spanien. Seine Hymnen fasste er im Kathemerinon zusammen. Sie sind wegen ihrer Länge ursprünglich wohl nicht für den kirchlichen Gottesdienst, sondern für private Andacht geschrieben. Deshalb beschränke ich mich auf einen Hymnus – den, der in der Morgenfrühe, kurz vor Sonnenaufgang, zu singen ist (im Sommer möglichst so laut und fröhlich, daß die Nachbarn es wissen – zeigen Sie Bekennermut!).
Prudentius liebt Wortspiele und Nebenbedeutungen; es ist nicht möglich, die Schönheit seiner Hymnen vollständig zu übertragen. Und zuweilen bringt er mich schier zur Verzweiflung.
Die Zeitangabe für die Matutin-Hymnen ist Ad galli cantum, Zum Hahnenschrei. Der Hahnenschrei wird dabei einerseits als Zeitangabe verstanden, andererseits als Hinweis auf Sündhaftigkeit und Umkehr, mit Bezug auf die in allen Evangelien erwähnte Verleugnung des Herrn durch Petrus. Aber die Art, wie Prudentius morgendlichen Vogelgesang beschreibt, schließt den Haushahn in den ersten Strophen aus: Vögel, die vom Gipfel (culmen) her singen, sind keine Hühnervögel. (Culmen kann zwar auch für Dachgiebel stehen, aber nicht, wenn er gleich darauf als Ort des Sonnenaufgangs bezeichnet wird. Auch noch aus einigen anderen Gründen. Die erfahren Sie, wenn Sie das Buch kaufen.)
Prudentius stellt sich das Kommen des Weltenrichters für Christen so schön wie den frühmorgendlichen Vogelgesang vor – auch wenn alles, was böse ist (Dämonen, aber auch die Sünde in jedem Menschen) ihn schrill wie den Hahnenschrei erlebt.
Und wenn ich mit ihm fertig bin, umfasst das Buch 124 Seiten, wird zum Lektor gegeben und erscheint bald darauf.